Sind Geldauflagen nach § 153a StPO zum Zwecke der Gewinnabschöpfung Betriebsausgaben?

Der 4. Senat des Finanzgerichts Münster hat entschieden, dass gem. § 153a StPO gezahlte Geldbeträge nicht unter das Abzugsverbot des § 12 Nr. 4 EStG fallen, wenn die Geldauflage der Gewinnabschöpfung dient und keinen Strafcharakter entfaltet.

Die Klägerin ist eine Personengesellschaft, der von der Bezirksregierung der Betrieb einer Biogasanlage mit einer elektrischen Leistung von 330 kW genehmigt wurde. Durch Zuschaltung eines zweiten Motors überschritt die Klägerin in den Jahren 2006 bis 2009 diesen Grenzwert, wofür die beiden Gesellschafter der Klägerin wegen des unerlaubten Betreibens einer nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungsbedürften Anlage (§ 327 Abs. 2 Nr. 1 StGB) angeklagt wurden. Auf Aufforderung der Staatsanwaltschaft berechneten die Stadtwerke, dass die Klägerin für die »überproduziert« eingespeiste Energie unberechtigte Erträge i. H. v. insgesamt 170.412 Euro erlangt habe. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft konnte eine Zustimmung zur Einstellung gem. § 153a Abs. 2 StPO nur erteilt werden, wenn das illegal Erlangte (ca. 170.000 Euro) abgeschöpft und eine weitere Sanktion erfolge, die sie mit 5.000 Euro je Angeklagten bezifferte – mithin gegen eine Gesamtzahlungsauflage i. H. v. 180.000 Euro.

Der Vorsitzende Richter des Landgerichts führte im Rahmen eines Telefonats mit einem Bevollmächtigten eines Angeklagten aus, dass die festzusetzende Geldauflage i. H. v. 170.000 Euro nur der Gewinnabschöpfung und damit einer Schadenswiedergutmachung i. S. d. § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StPO dienen solle. Anschließend stellte der Bevollmächtigte in einer E-Mail gegenüber den anderen Verfahrensbeteiligten dar, dass die Staatsanwaltschaft bereit sei, auf die 2 x 5.000 Euro zu verzichten, sodass die Geldauflage nur noch aus der Gewinnabschöpfung i. H. v. 170.000 Euro bestehe. Nachdem die Gesellschafter der Klägerin dem zustimmten, wurde das Strafverfahren vom Landgericht nach § 153a Abs. 2, 1 StPO zunächst vorläufig und – nachdem die Gesellschafter die Geldauflage vollständig entrichtet hatten – nach Zustimmung der Staatsanwaltschaft endgültig eingestellt. Später ergänzte das Landgericht seinen Beschluss dahingehend, dass die Höhe der Geldbeträge sich an dem illegal erlangten Erlös orientiere und allein der Gewinnabschöpfung diene.

Entgegen dem klägerischen Begehren berücksichtigte der Beklagte die Geldauflagen nicht als Betriebsausgaben, da diese unter das Abzugsverbot des § 12 Nr. 4 EStG fielen. Die Zahlungen hätten zum Ziel, die Strafverfahren einzustellen und dem Grunde nach strafähnlichen Charakter, der in der Egalisierung des illegal erwirtschafteten Erlöses zum Ausdruck komme.

Der 4. Senat hat der Klage stattgegeben. Das Abzugsverbot des § 12 Nr. 4 EStG erfasse neben Geldstrafen und Nebenstrafen vermögensrechtlicher Art auch Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, soweit die Auflagen und Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachen Schadens dienen. Das Abzugsverbot umfasse Auflagen und Weisungen, die als strafähnliche Sanktion die Aufgabe hätten, Genugtuung für das begangene Unrecht zu schaffen. Hingegen seien Zahlungen zum Ausgleich von Schäden nach den allgemeinen Grundsätzen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig.

Für die Entscheidung, ob es sich bei Zahlungen um Geldauflagen nach § 153a Abs. 1 Nr. 2 StPO (Abzugsverbot) oder um Zahlungen zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachen Schadens (kein Abzugsverbot) handele, komme es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht auf die subjektiven Vorstellungen der mit dem Strafverfahren befassten Staatsanwälte, sondern auf den Inhalt des betreffenden Gerichtsbeschlusses und die objektiven Gegebenheiten an.

Im Streitfall hätten die Geldauflagen der Gewinnabschöpfung und damit in erster Linie dem Ausgleich unrechtmäßiger Vermögensverschiebungen gedient. Ein Strafcharakter könne nicht festgestellt werden. So orientiere sich die Höhe des Geldbetrags in dem (ergänzenden) Beschluss des Landgerichts an dem illegal erlangten Erlös. Es lasse sich hingegen kein Unwerturteil, beispielsweise durch Bezugnahme zur Person der Angeklagten oder Orientierung am Verdienst oder Nettoeinkommen, erkennen. Auch die angegebene Rechtsgrundlage (»153a Abs. 2, 1 StPO«) lasse mangels Festlegung einer der in § 153a Abs. 1 Satz 2 StPO enthaltenen Varianten keinen Rückschluss zu. Im Übrigen spreche die Verfahrensgeschichte – der Verzicht der Staatsanwaltschaft auf die ursprünglich persönlich auf die Angeklagten bezogene Sanktionierung i. H. v. insgesamt 10.000 Euro – für den Zweck der Gewinnabschöpfung und das Fehlen eines Strafcharakters. Für einen Ausschluss des Abzugsverbots gem. § 12 Nr. 4 EStG sei auch nicht erforderlich, dass der angeordneten Auflage ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch zugrunde liege.

FG Münster, Mitteilung vom 15.02.2024 zum Urteil 4 K 1382/20 G,F vom 18.12.2023

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